
Am 3. November 2001 verstarb mit 56 Jahren der Dichter Thomas Brasch. Wie kaum ein anderer Schriftsteller seiner Zeit balancierte er auf einem dünnen Seil zwischen der DDR und der BRD, zwischen Geschichte und Gegenwart. Er störte und verstörte alles und jeden; niemand und nichts war vor ihm sicher, sein Lebensgefühl die Auflehnung. Zuerst widersetzte er sich der staatstragenden Vätergeneration in der DDR und dann, im anderen Teil Deutschlands, jeder Form von Autorität. „Künstler oder Krimineller“, das war seine Devise. Sein Zentrum war seine Arbeit; als er nicht mehr arbeiten wollte/konnte, ging er. Nicht ganz freiwillig. Zu denen, die Thomas Brasch vermissen, gehört der Dokumentarfilmer Christoph Rüter, aufgewachsen im Westen und langjähriger Freund bis zu seinem Tod. Ihm fehlt Thomas als der Dichter des Widerspruchs, als Erbe und Opfer des dialektischen Prinzips und als Freund. Hinterlassen hat Brasch 27 DV-Kassetten, viele davon selbst bespielt mit Aufnahmen von sich, seinem Umfeld, Dingen, die ihn beschäftigten – in unterschiedlichsten Momenten seines Lebens, völlig ungeschminkt. Dieser Film ist ein persönlicher, ehrlicher und künstlerischer Nachruf von Christoph Rüter auf seinen Freund Thomas Brasch. Durch den glücklichen Umstand des von Brasch gedrehten Filmmaterials kann Rüter seine Gefühle in Bildern formulieren und mit Texten von Brasch anreichern. Eine einmalige Chance, einen Menschen mit seinen eigenen Sichten und Einsichten zum Leben zu erwecken.