Synästhesie. Leben mit verknüpften Sinnen

Es gibt Menschen, die ihre Umwelt auf andere Weise wahrnehmen als Andere: Nonverbaler, farbiger und subtiler. Sie sehen Zahlen und Buchstaben farbig, können Wörter schmecken, Töne fühlen oder Gefühle sehen. Diese Wahrnehmungsphänomene sind nicht krankhaft. Vielmehr handelt es sich um eine besondere Fähigkeit, für die es einen Begriff gibt: „Synästhesie“.

Eine eins ist grün, ein A ist violett, ein roter Apfel ist C-Dur-artig und ein Riesling-Wein schmeckt blau. Klingt absurd, aber es gibt diese Menschen, die die Welt so wahrnehmen und empfinden, weil sie äußere Reize nicht nur über eine Sinnesempfindung erfahren. Sie sehen Buchstaben und/oder Zahlen farbig, obwohl sie schwarz auf weiß vor ihnen stehen, Töne einer Musik haben unterschiedliche Farben und Formen, sie können Wörter schmecken und Farben und Formen oder Buchstaben und Zahlen lösen Gefühle in ihnen aus. Auch Jahreszeiten, Monate und Wochentage können unterschiedliche Farben und Emotionen in ihnen hervorrufen. Synästhet*innen sind „normale“ Menschen mit einer zusätzlichen Begabung was die Verarbeitung von Sinnesreizen sowie die Wahrnehmung und das Denken betrifft.

Neurowissenschaftler*Innen haben herausgefunden, dass bei Synästhet*innen  eine verstärkte funktionelle Kopplung zwischen Hirnregionen vorliegt, die gleichzeitige Sinneswahrnehmungen möglich machen. Bei der Stimulation eines Sinns – etwa des Hörens – wird zusätzlich eine weitere Sinneswahrnehmung ausgelöst – etwa das Sehen von Farben oder geometrischen Figuren. Diese Wahrnehmungsphänomene sind nicht krankhaft. Sie sind eine besondere Fähigkeit, die Synästhesie genannt wird. Synästhesie bedeutet eine Vermischung der Sinne, eine gleichzeitige Sinneswahrnehmung, die unwillkürlich auftritt.  Bekannt ist diese Fähigkeit der doppelten Wahrnehmung schon lange, aber richtig aufgegriffen und erforscht wird sie erst, seit man mit bildgebenden Techniken die Abläufe im Gehirn verfolgen kann. ForscherInnenhaben herausgefunden, dass bei Synästhet*innen eine verstärkte funktionelle Kopplung zwischen Hirnregionen vorliegt, die gleichzeitige Sinneswahrnehmungen möglich machen.  Ging man in den 1990er Jahren noch von einer Häufigkeit von 0,1 Prozent in der Gesamtbevölkerung aus, weisen jüngere Studien auf einen wesentlich höheren Prozentsatz von ca. vier Prozent hin. Das wären immerhin 3,2 Millionen Menschen in Deutschland. Diese Tatsache und auch die immer besseren Untersuchungsmöglichkeiten dürften dafür verantwortlich sein, dass das Interesse an der wissenschaftlichen Erforschung der Synästhesie international spürbar gewachsen ist. Mit der Erforschung von Synästhesie hoffen NeurowissenschaftlerInnen mehr über die Organisation und Funktion des Gehirns zu lernen und dadurch neue Einblicke in das Funktionieren des menschlichen Bewusstseins zu bekommen. 

Dokumentarfilm
Fertiggestellt
52 Minuten
Regie
Nadine Niemann
Drehbuch
Nadine Niemann
Kamera
Tim Drabandt
Schnitt
Hauke Kleinschmidt
Ton
Daniel Mehlkopf
Grafik
hyperebene Studio
Produktion
Kinescope Film
Produzent*in
Matthias Greving
Sender
Radio Bremen/ARTE
Verleih
NEW DOCS
Förderung
nordmedia - Film- und Mediengesellschaft/ Bremen mbH